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Anschauungsunterricht für die Schweiz? Was die Verteuerung der Autobahnvignette in Österreich bewirkt hat

Österreich hat die Preise für die Autobahnvignette vor mehr als 20 Jahren nahezu verdoppelt. Das führte zu einer vorübergehenden Delle bei den Verkäufen.

Kostet die Vignette in der Schweiz bald mehr? Österreich hat die mögliche Preiserhöhung bereits vorexerziert. Foto: Urs Jaudas

Die Debatte über die Preiserhöhung für die Schweizer Autobahnvignette erhitzt die Gemüter. Während die Autofahrerinnen und Autofahrer vor allem die absehbaren Mehrkosten umtreiben, beschäftigen die Verkehrsbranche noch andere Fragen: Hat der höhere Preis Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen? Könnte das gar helfen, Staustunden zu reduzieren? Steigen dann mehr Personen auf öffentliche Verkehrsmittel um?

Während der Bund die Verteuerung prüft, lohnt sich auf der Suche nach Antworten ein Blick nach Österreich. Das Nachbarland hat die Autobahnvignette zwar erst 1997 und damit 12 Jahre später als die Schweiz eingeführt. Doch zum Jahreswechsel 2000/01 machte Österreich vor, was die Schweiz nun ebenfalls erwägt: Es erhöhte den Vignettenpreis deutlich – von damals 550 auf 1000 Schilling, was umgerechnet knapp 73 Euro oder gut 70 Franken entspricht.

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Anfangs kostete die 1997 eingeführte Vignette in Österreich 550 Schilling - ab 2001 dann 1000 Schilling. Bild: AP, Ronald Zak

Weniger Verkäufe zu Beginn

Der Aufschrei in Österreich war damals gross. Im Nachhinein betrachtet habe die Preiserhöhung zu einer vorübergehenden Delle bei den Verkäufen geführt, sagt Stefan Zangerle, Abteilungsleiter bei der österreichischen Mautgesellschaft Asfinag. «Für das Jahr 2001 haben wir weniger Jahresvignetten verkauft.» Von 2001 auf 2002 sei die Zahl der verkauften Jahresvignetten dann erneut um 200 000 Stück zurückgegangen. Erst in den Jahren darauf sei sie sukzessive wieder angestiegen. «Man kann nicht feststellen, dass die Preisveränderung zu extremen Verlagerungen geführt hat», so Zangerle.

Wie aus dem Jahresbericht der Asfinag von damals hervorgeht, wirkte sich die Preiserhöhung bereits unmittelbar vor der Umstellung aus. Im Dezember 2000 kauften die Autofahrerinnen und Autofahrer weniger Jahresvignetten für das kommende Jahr 2001. Auf die Erlöse aus den Vignettenverkäufen hatte das jedoch keinen Einfluss. Die schnellten angesichts der höheren Preise nach oben – von 200 Millionen Euro im Jahr 2000 auf 307 Millionen Euro für 2001. Darin sind jedoch nicht nur die Erlöse für Jahresvignetten, sondern auch die für Kurzzeitvignetten enthalten.

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Kein Umstieg auf den ÖV…

Zu einem verstärkten Umstieg auf den öffentlichen Verkehr hat die Verteuerung damals nicht geführt. Grund dafür sei, dass viele Österreicherinnen und Österreicher gar nicht auf die Fahrt auf der Autobahn verzichten könnten, weil sie so zur Arbeit kommen und insbesondere am Land öffentliche Verkehrsmittel fehlen.

Auch bei den Vignettenverkäufen an die Reisenden, die auf dem Weg nach Italien durch Österreich fahren, gab es keine Einbussen. Anders als bislang in der Schweiz gibt es für sie in Österreich Vignetten mit unterschiedlicher Nutzungsdauer. Diese reichen von zwei Monaten über zehn Tage bis zu – neu ab dem kommenden Jahr – auch nur für einen Tag. Nach der Preiserhöhung um die Jahrtausendwende wurden verstärkt Kurzzeitvignetten gekauft.

… und auch nicht weniger Verkehr

Und wie sieht es mit dem Verkehrsaufkommen aus? Hat die teurere Vignette in Österreich zu weniger Staustunden geführt? Auch das ist nicht der Fall, so Zangerle. «Es wird nicht weniger gefahren.» Vielmehr stieg das Verkehrsaufkommen in den vergangenen Jahren sukzessive an - bis auf eine Ausnahme: Während der Corona-Pandemie sind die Vignettenverkäufe eingebrochen, sowohl bei den Jahresvignetten durch als auch bei den Kurzzeitvignetten durch weniger Reisende.

Stärker als der Preis für die Vignette selbst fällt nach Einschätzung des Asfinag-Abteilungsleiters der Spritpreis ins Gewicht. «Als der Liter über zwei Euro gekostet hat, haben wir an den Mautstellen gemerkt, dass viele Leute verstärkt Fahrgemeinschaften bilden. Aber dann kam wieder Corona und die Leute sind doch wieder lieber alleine gefahren», so Zangerle.

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Und auch beim Reise- und Transitverkehr fallen Preiserhöhungen für die Vignette bislang nicht ins Gewicht. Die Nachfrage nach Kurzzeitvignetten sei eher vom Wetter und der Lage der Feiertage abhängig. «Wenn Ostern etwas später stattfindet, dann fahren zu den Feiertagen an Pfingsten schon viele nach Italien. Aber wenn Ostern im März ist und Pfingsten im Mai, dann ist es in Italien am Meer noch recht kalt. Dann merken wir, dass weniger Kurzzeitvignetten verkauft werden», sagt Zangerle.

Preis an Inflation gekoppelt

Auch was die Sozialverträglichkeit einer möglichen Preiserhöhung anbelangt, könnte sich der Bundesrat am Nachbarland orientieren: Der Preis der österreichischen Vignette ist nämlich per Gesetz an die Inflationsentwicklung gekoppelt. Eine so markante Preiserhöhung wie zum Jahreswechsel 2000/01 soll es damit nicht mehr geben. Doch auch die Bindung an die Inflation ist nicht in Stein gemeisselt: Für das kommende Jahr entschied die Regierung in Wien zugunsten der Autofahrerinnen und Autofahrer, auf die eigentlich vorgesehene Preiserhöhung von 8,6 Prozent zu verzichten.

Die Asfinag gehört dem österreichischen Staat. Sie kommt für die Finanzierung des österreichischen Strassennetzes auf – also für Betrieb, Unterhalt und Baumassnahmen. Das Geld dafür stammt aus den Mauteinnahmen. Aber diese setzen sich nicht nur aus den Vignettenverkäufen zusammen. Diese machen mit 537 Millionen Euro (520 Millionen Franken) nur einen Teil aus. Zum Vergleich: Die Schweiz nahm im Vorjahr mit den Vignettenverkäufen 420 Millionen Franken ein.

Viel einträglicher ist für die Asfinag die streckenabhängige Maut für Lkw, die im Vorjahr knapp 1,7 Milliarden Euro in die Kassen spülte. Neben den Vignetten und der Lkw-Maut verlangt Österreich auch eine Gebühr für die Nutzung bestimmter Streckenabschnitte wie den Arlbergtunnel.

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