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Gewerbeverband ist empört Bund prüft Verteuerung der Autobahnvignette

Vor genau zehn Jahren abgelehnt, kommt eine Erhöhung des Vignetten-Preises wieder auf den Tisch. Der Bund prüft derzeit eine Verteuerung. Bis im Frühling will er Klarheit schaffen.

Noch sind die Autobahnvignetten für 40 Franken zu haben. Foto: Christian Beutler (Keystone)

Die Wogen gingen hoch, damals im Herbst 2013, als mit der Änderung des Nationalstrassen-Abgabegesetzes auch eine Erhöhung des Preises für die Autobahnvignette von 40 auf 100 Franken zur Diskussion stand. Bereits die beiden Ratskammern hatten zuvor heftig gestritten, der Nationalrat schwenkte erst im dritten Anlauf auf die Linie des Bundesrates und Ständerates ein. Zuvor hatte er er sich für eine Erhöhung auf lediglich 70 Franken ausgesprochen.

Die Gegner, allen voran die Automobilverbände, wehrten sich vehement gegen die 100-Franken-Vignette. Der Aufschlag sei zu hoch, ausländische Autofahrer würden mit der Kurzzeit-Vignette bevorzugt, kleine und mittelgrosse Unternehmen mit Wagenflotten benachteiligt, hiess es. Das Stimmvolk folgte dieser Argumentation und lehnte die Verteuerung auf 100 Franken am 24. November mit 60,5 Prozent Nein-Stimmen ab.

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Einführung auf Umwegen

Damals wollten Regierung und die Mehrheit des Parlaments mit der Preiserhöhung vor allem die Finanzierung der Strasseninfrastrukturen gewährleisten. Jetzt kommt dieses Thema wieder aufs Tapet, aber auf Umwegen: Heute steht eine Verteuerung des Vignetten-Preis als möglicher Beitrag für ein besseres Verkehrsmanagement insbesondere im Alpentransitbereich zur Debatte. Dies geht aus der kürzlich erfolgten Antwort des Bundesrates auf einen Vorstoss von FDP-Nationalrat Alex Farinelli hervor.

«Dass jetzt der Bundesrat die Autobahnvignette ins Spiel bringt, erstaunt mich schon ziemlich.»

Simon Stadler, Urner Mitte-Nationalrat

In diesem fordert der Tessiner Politiker nebst einer Verteuerung auch eine obligatorische Vignette nicht nur für die Autobahnen, sondern insbesondere auch für die Passstrecken, damit es nicht zu unerwünschtem Ausweichverkehr kommt. Eine Sorge, die auch den Urner Nationalrat Simon Stadler (Mitte) umtreibt. Sein bereits vor einem Jahr eingereichtes und sehr breit abgestütztes Postulat – SVP-Nationalräte bis hin zu Volksvertretern der Grünen haben unterzeichnet – verlangt ebenfalls eine Verbesserung des Verkehrsmanagements und eine Vermeidung des Ausweichverkehrs: «Dass jetzt der Bundesrat die Autobahnvignette ins Spiel bringt, erstaunt mich schon ziemlich.» In besagter Antwort hat die Landesregierung vor kurzem darauf verwiesen, dass er eine Auslegeordnung machen wolle und dabei sei «die Erhöhung des Vignettenpreises ein Bestandteil.»

Eine Milliarde Franken locken

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Dass der Bund auf die Idee kommt, ausgerechnet mittels einer Verteuerung der Vignette mehr Geld für Strassenprojekte zu beschaffen, erschliesst sich aus einer einfachen «Milchbüchlirechnung»: Letztes Jahr wurden laut dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) 10,5 Millionen Vignetten verkauft, wodurch mehr als 420 Millionen Franken eingenommen wurden. Geht man, wie bereits 2013 angestrebt, von einem Vignetten-Preis von 100 Franken aus, wären das bei gleicher Anzahl Einnahmen von über einer Milliarde Franken.

Wie gross würde die Erhöhung ausfallen? Wann würde sie frühestens eingeführt? Das zuständige Bundesamt für Strassen (Astra) lässt sich nicht in die Karten blicken. Man analysiere die Problemstellung detailliert. «Der Bundesrat wird voraussichtlich im Frühling den Bericht zum Verkehrsmanagement dem Parlament übergeben», sagt Mediensprecher Thomas Rohrbach auf Anfrage. Sollte in dem Bericht tatsächlich eine Erhöhung des Vignettenpreises vorgeschlagen werden, dürfte das heftige Reaktionen auslösen.

Gewerbe wehrt sich schon mal

Angesprochen auf eine mögliche Verteuerung oder eine Art Vignette für die Alpenpässe reagiert Fabio Regazzi, Präsident des mächtigen Gewerbeverbandes SGV, mit deutlichen Worten: «Gemäss unserer Strategie lehnen wir die Erhöhung von Steuern und Gebühren wie die Vignette ab.» Die Erhöhung der Vignette würde gerade Betriebe mit grossen Fahrzeugflotten stark belasten, und eine Maut für den Gotthard lehne man kategorisch ab.

Auch Stadler ist eher kritisch gegenüber einer Erhöhung des Vignetten-Preises via der Verbesserung des Verkehrsmanagements: «Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass der Bund via einer Verteuerung der Vignette mehr Geld für die Strasseninfrastrukturen generieren will.» Aber diese Vorlage sei dafür das völlig falsche Vehikel: «Packt man da noch die Vignette mit rein, dürften sich die drängenden Massnahmen für ein besseres Verkehrsmanagement am Gotthard unerträglich in die Länge ziehen.» Tatsächlich ist absehbar, dass zu einer allfälligen Erhöhung der Vignetten-Gebühr das Volk das letzte Wort haben dürfte.

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Via der Website des Bundes kann seit diesem August die elektronische Vignette gekauft werden. Foto: Jean-Christophe Bolt (Keystone)

Wie die Strasseninfrastrukturen finanzieren?

Auch wenn der Vignetten-Preis nicht erhöht wird, stellt sich für den Bund die Frage, wie er genügend Geld für den Erhalt und Ausbau der Strasseninfrastrukturen auftreiben will. Denn es drohen gewaltige Einbussen durch den E-Autoboom. Zwar wird ab Anfang des kommenden Jahres wie bei allen anderen Personenwagen auch auf E-Autos eine Automobilsteuer beim Import von 4 Prozent erhoben werden. Doch das wird nicht reichen, aus verschiedenen Gründen:

Fehlende Einnahmen durch E-Autos: Zwar sind erst 2,3 Prozent der 4,7 Millionen Personenwagen in der Schweiz vollelektrisch unterwegs. Aber der E-Autoboom wird weitergehen: Allein letztes Jahr war fast jeder fünfte verkaufte Neuwagen ein vollelektrisches Auto. Dadurch fehlen zunehmend die Einnahmen aus der Mineralölsteuer, welche auf Benzin und Diesel erhoben wird. Wer so unterwegs ist, muss pro Jahr im Schnitt etwa 800 Franken an die Strasseninfrastruktur zahlen – via Zapfsäule. Diese zurückgehenden Einnahmen sollen durch eine sogenannte Ersatzabgabe auf Elektroautos kompensiert werden. Diese wird sich aus einem festen Betrag pro gefahrenen Kilometer und Fahrzeugkategorie zusammensetzen. Wie hoch die Ersatzabgabe sein wird, ist noch offen. Ende Jahr will das Verkehrsdepartement ein entsprechendes Gesetzespaket präsentieren. Klar ist bereits, dass das Volk das letzte Wort haben wird, da für die Einführung dieser Abgabe eine Verfassungsänderung vonnöten ist. Die Ersatzabgabe soll nach den Plänen des Bundes 2030 eingeführt werden.

Die Einführung der elektronischen Vignette: Deren Verkauf ist seit dem 1. August angelaufen, inzwischen wurden 235 000 gelöst. Der grosse Run dürfte mit dem Beginn des neuen Vignetten-Jahres am 1. Dezember 2023 losgehen, ist man beim BAGZ überzeugt. Und damit auch das Missbrauchspotential, denn Fahrer von Autos oder kleinen Lieferwagen werden von den Zollbeamten nicht mehr in jedem Fall angehalten, wenn keine Vignette an der Windschutzscheibe klebt. Denn es könnte ja sein, dass diese ganz korrekt eine E-Vignette gelöst haben. Vorgesehen sind nur noch Stichproben. Schon heute entgehen dem Staat durch die Missbrauchsquote von geschätzt fünf Prozent jährlich fast 20 Millionen Franken.

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