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Logistik-Transporte Der Trend geht hin zum Auslagern

Der Milchverarbeiter Cremo hat den Transport seiner Produkte an Galliker und Traveco ausgelagert. Insbesondere kleinere Firmen leisten sich immer weniger einen eigenen Fuhrpark.

Die 46 von der Auslagerung betroffenen Chauffeure werden von Galliker und Traveco übernommen. Foto: zvg

Cremo gehört zu den grössten Milchverarbeitern der Schweiz und beliefert zahlreiche Detailhändler und andere Player in der Schweizer Lebensmittelindustrie. Dementsprechend bildet die Logistik einen zentralen Bestandteil des Unternehmens mit Sitz in Villars-sur-Glâne bei Lausanne.

Nun lagert Cremo den Transport seiner Produkte aus, wie letzte Woche bekannt wurde. In einer Ausschreibung, die das Unternehmen im vergangenen Jahr lancierte, hatten sich 16 Unternehmen beworben. Die Entscheidung fiel nun auf die Galliker Transport AG sowie die Traveco Transporte AG. Galliker soll dabei die nationalen Transporte von Cremo vom Hauptsitz in Villars-sur-Glâne aus übernehmen, Traveco, das zu Fenaco gehört, die Transporte von Rhône Logistics in Sierre. Mit Traveco arbeitet Cremo bereits zusammen.

IT-Infrastruktur zu teuer

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Ausschlaggebend für die Auslagerung war für Cremo die «technologische Entwicklung des Transportsektors und die wachsenden Erwartungen der Kunden», schreibt das Unternehmen in einer Mitteilung. Das führt dazu, dass das Transportmanagement für Unternehmen in der Lebensmittelindustrie immer anspruchsvoller werde.

«Das Auslagern von Logistikdienstleistungen ist ein Trend, den wir schon seit mehreren Jahren beobachten», sagt Leon Zacharias vom Institut für Supply Chain Management von der Universität St.Gallen. Dabei gehe es nicht nur um logistische Dienstleistungen, sondern Unternehmen würden beispielsweise auch Produkte extern verpacken lassen.


Der Schritt zur Auslagerung begründet Cremo auch mit der fortschreitenden Digitalisierung: «Wir müssen die lückenlose Rückverfolgbarkeit unserer Produkte bis zur Entgegennahme durch die Kunden sicherstellen», sagt Thomas Zwald, Generalsekretär von Cremo.

Zur Modernisierung der IT-Systeme hätte der Milchverarbeiter einen beträchtlichen Batzen Geld in die Hand nehmen müssen - und in neue ERP-Software-Systeme (ein Planungstool für Unternehmen) investieren müssen, die auch im mobilen Gebrauch einsatzfähig sind. Die Rückverfolgbarkeit der Transporte und die darin enthaltenen Produkte sind in der heutigen Logistik unabdingbar und ein Must für jeden Akteur in der Lebensmittelbranche. Das gilt vor allem auch für das Cross-Docking, also die Vorkommissionierung durch den Lieferanten sowie die Distribution.

Genau dort sieht auch Jan Eberle, Head of Industry Engagement Logistics beim weltweit tätigen Logistikberater GS1 den Knackpunkt:« Ein Grund könnte gewesen sein, dass die Abläufe noch sehr stark manuell und von Personen abhängig abgewickelt werden mussten», sagt Eberle.

So schreibt GS1 auch: «Die Logistik hat sich zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt, die Ansprüche sind denn auch in den letzten Jahren an die Branche gewachsen. Kunden verlangen immer kürzere Lieferfristen und die Warenströme nehmen seit Jahren an Volumen zu. Digitalisierung, Umweltschutz, Kosteneffizienz und zuverlässige Lieferung sind weitere Forderungen, die die Branche erfüllen muss.»

Millionen gespart

Thomas Zwald räumt ein, dass Cremo bei der Logistikabwicklung technologisch über die letzten Jahre in Rückstand geraten ist. «Bei einer Beibehaltung der Transporte wären wir gezwungen gewesen, erhebliche Investitionen vorzunehmen, um dies wettzumachen». Eine Investition in neue Informatikprogramme für das Logistikmanagement, aber auch in neue Fahrzeuge hat Cremo auf zwischen sechs und 14 Millionen Franken beziffert.

Für Logistikexperte Eberle ist klar, dass dieser Entscheid stark von der Ausrichtung eines Lebensmittelproduzenten abhängt. Was wolle man selbst leisten, um Abhängigkeit zu vermeiden? Was möchte man «inhouse» aufbauen? «Bei Cremo ist der Entscheid meiner Meinung nach aus der Not entstanden.

Man erhofft sich dabei niedrigere Kosten, aber bestimmt auch eine bessere Lieferqualität ihren Kunden gegenüber», sagt Eberle. Beide Faktoren seien im heutigen Business überlebenswichtig Das sagt auch Leon Zacharias von der Uni St.Gallen: Cremo kann das Kapital, das nicht an den Fuhrpark gebunden ist, für das Kerngeschäft nutzen - also die Beschaffung, Verarbeitung und Veredelung von Milch und die damit verbundenen Investitionen. «Ist die Logistik ausgelagert, ist man nicht mehr an die internen Kapazitäten und somit Kosten gebunden.»

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Ein Glücksfall: Mitarbeiter und LKW gleich übernommen

Cremo will dieses Geld nun lieber in moderne und Produktionsanlagen investieren anstatt in die Logistik. «Tatsache ist, dass wir uns mit der Auslagerung hohe Investitionen ersparen und dadurch mehr Mittel für die Entwicklung unseres Kerngeschäfts einsetzen können», sagt Zwald.

Zurzeit sei man in der Ausarbeitung eines Pflichtenheftes, das beide Logistiker für Cremo erfüllen müssen. Damit wolle man auch den Verlust der umfassenden Kontrolle über die Logistikkette verhindern. Man wird abhängig von Dienstleistern und Dritten. Dafür muss Cremo nicht selbst investieren und kann Kapital freisetzen.

Preise sind gestiegen

Die Auslagerung bei Cremo kann laut Zacharias unter anderem auch eine Reaktion auf die steigenden Preise für das Management der Transportdienstleistungen gewesen sein. Seit der Pandemie gab es grosse Preissteigerungen beispielsweise bei der Beschaffung von Fahrzeugen, Beschäftigungsverhältnisse, aber eben auch bei den Preisen für Logistikimmobilien.

«Durch diese Art des Outsourcings gibt es für das Unternehmen für einen bestimmten Zeithorizont stabile Preise und somit Planungssicherheit für das gesamte Geschäft», sagt Zacharias. Dazu kommt auch, dass Galliker und Co. mehr finanzielle Mittel in die klimafreundliche Transformation des Transports stecken können. «Diese Massnahmen hätte sich Cremo in der aktuellen finanziellen Situation mit Sicherheit nicht leisten können.»

Oft würden aber Unternehmen in Teilbereichen auf externe Dienstleister setzen. In der Beschaffung muss beispielsweise Lindt und Sprüngli für den Transport der Kakaobohnen aus den Nordhäfen nach Olten Transporteure im Schienengüterverkehr eingesetzt werden, nennt der Logisitkexperte ein Beispiel. Aber auch Nestlé setze auf externe Partner.

Migros und Coop hingegen hätten ihre eigenen Fahrzeuge. «Für Coop und Migros ist nicht nur die Zielgruppe relevant, sondern vor allem auch die Qualität der Lebensmittel – daher ist es für die strategisch wichtig und sie möchten es gerne selbst managen. Der Salat soll knackig grün sein, wenn er ankommt», sagt Zacharias.

Logistikauslagerung – Fluch oder Segen?

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Laut Jan Eberle von GS1 gebe es zurzeit einige Unternehmen, die ihre Logistik an Logistikdienstleister übergeben. «Ich möchte sogar behaupten, dass es kein Unternehmen gibt, dass nicht mindestens einen Teilprozess ausgelagert hat.»

Das macht auch für Leon Zacharias Sinn: Galliker und Traveco hätten zahlreiche Kunden und verfügen über einen grossen Fuhrpark mit mehr als 1000 LKWs in verschiedenen Sektoren: «Damit können sie effizienter und damit kostengünstiger arbeiten.» Vorteilhaft sei für Cremo auch die Flexibilität, der eigene Fuhrpark sei eher starr und kann weniger flexibel auf die Nachfrage und Mengenschwankungen reagieren, sagt der Logisitkexperte.

Mitarbeiter zügig umschulen

Lagert ein Unternehmen aus, kommt aber auch oft die Frage nach Stellenabbau: «Der Auslagerungsentscheid hat natürlich auch Emotionen ausgelöst, vor allem bei jenen Mitarbeitenden, die Cremo über viele Jahr hinweg treu verbunden waren.»

Im Falle von Cremo gibt es aber für die 46 betroffenen Chauffeure eine Lösung. Sie werden von Galliker und Traveco zu «gleichwertigen Bedingungen unter Vertrag genommen».

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