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Nach Pariser Parkplatz-Entscheid Linke und Grüne Kreise wittern Morgenluft

Während grüne Politiker faktisch ein Verbot von SUVs verlangen, warnen Auto-Importeure und der Gewerbeverband nach dem Votum der Pariser Bevölkerung: solche drastischen Massnahmen würden grossen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten.

Paris hat am Sonntag deutliche höhere Parkgebühren für SUVs zugestimmt. Foto: Michel Euler (Keystone)

Paris macht Ernst im Kampf gegen die Sport Utility Vehicles (SUV), die auch als Geländelimousinen oder Stadtgeländewagen bezeichnet werden. Künftig kostet für SUVs und andere schwere Autos eine Stunde Parken im Zentrum 18 Euro statt üblicherweise sechs Euro, in den Aussenbezirken 12 Euro statt vier Euro. Für sechs Stunden Parken im Zentrum werden gar 225 Euro statt bislang 75 Euro fällig.

Die höheren Tarife gelten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren und Hybridantrieben ab einem Gewicht von 1,6 Tonnen. Von der Preiserhöhung betroffen sind auch Elektroautos mit einem Gewicht von über zwei Tonnen.

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Energie-Agentur für staatliches Eingreifen

Die neue Regelung soll ab dem 1. September dieses Jahres greifen. Den Sondertarif für SUVs sollen ausschliesslich Besucher bezahlen. Anwohner sollen ebenso ausgenommen werden wie Handwerker und Pflegedienste.

Unterstützung erhält das Pariser Vorgehen vom Chef der Internationalen Energie-Agentur (IEA), Fatih Birol. Er fordert ein staatliches Eingreifen gegen die wachsende Verbreitung von Stadtgeländewagen.

«Es wäre naheliegend, für grosse Fahrzeuge auch höhere Parkgebühren zu erheben.»

Helmut Dedy, Deutscher Städtetag

In Deutschland möchte der Deutsche Städtetag, ein Zusammenschluss von rund 3 400 Städten und Gemeinden, ebenfalls die Parkgebühren für grössere Autos anheben. So sagt Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy kürzlich in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, dass es gerade in urbanen Wohnviertel ein grosser Unterschied sei, ob am Fahrbahnrand Kleinwagen oder SUVs geparkt werden: «Da wäre es naheliegend, für grosse Fahrzeuge auch höhere Parkgebühren zu erheben.» Allerdings merkt er an, dass das Bundesverwaltungsgericht erst im vergangenen Sommer eine Staffelung nach Fahrzeuggrösse als unverhältnismässig eingestuft hat, wenn die Preissprünge zu gross sind. Trotzdem ermuntert Dedy die Kommunen, auf die Fahrzeugmasse abgestimmte Parkgebühren zu erproben.

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Wie den Verkehr am besten lenken

So weit möchte das Schweizer Pedant, der Schweizer Städteverband, nicht gehen. Präsident Anders Stokholm sagt auf Anfrage, dass vor allem die Umsetzbarkeit schwierig wäre: «Es gibt keine Definition, wie gross oder schwer ein Personenwagen sein muss, damit er als SUV gilt.» Allerdings könnte man sich schon überlegen, ob man mehr kleinere Parkplätze in den Städten einrichten und für diese auch weniger Gebühren verlangen könnte. Oder man verteure die Parkplätze im Zentrum, um so eine Lenkung zu erzielen.

Der Städteverband verfolge einen anderen Ansatz, um den motorisierten Individualverkehr sicherer zu machen und ihn auch einzudämmen. In ihrem im Dezember 2022 verabschiedeten Positionspapier werden mehr Tempo-30 in den Städten verlangt. «Eigentlich sollte das zur Regel werden», betont der Stadtpräsident von Frauenfeld, Stokholm.

Geharnischte Reaktionen

Bei Auto-Schweiz hält man gar nichts vom Pariser Experiment. «Es ist bedauerlich und volkswirtschaftlich schädlich, dass sich die Pariser Bevölkerung für die Annahme dieser äusserst widersinnigen Idee entschieden hat.» sagt Pressesprecher Christoph Wolnik Das erwecke den Eindruck einer Abschottung, was nicht im wirtschaftlichen Sinne einer Metropole wie Paris sein könne.

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Deutliche Worte findet auch Fabio Regazzi, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes (sgv): «Geeignete Parkierungsflächen sind in den Städten bereits heute Mangelware, was die KMU in ihren geschäftlichen Tätigkeiten einschränkt.» Eine Verteuerung der Parkgebühren würde diesen Trend noch verstärken. Weniger Parkplätze oder flächendeckend Tempo 30 hätten für die gesamte Bevölkerung negative Konsequenzen: «Denn sie führen nicht nur zu Zeitverzögerungen bei den Warenlieferungen und bei der Ausführung von Dienstleistungen wie Reparaturen oder Montagen.» Solche Restriktionen würden auch Rettungsdienste, Strassenräumungs- und Unterhaltsarbeiten behindern. Derartige Massnahmen lehne der Gewerbeverband klar ab.

SUVs verbieten

Doch grüne Kreise möchten noch viel weiter gehen: Sie fordern faktisch ein Verbot von SUVs und Geländewagen. Die Grüne Nationalrätin Isabelle Pasquier–Eichenbeger will mit ihrer im vergangen Jahr eingereichten Motion den Bundesrat beauftragen, den Import von SUV und Geländewagen mit einem Leergewicht von zwei Tonnen oder mehr ab 2025 zu verbieten. Ausnahmen sollen nur möglich sein, wenn ein Bedarf nachgewiesen werde. Ihre Begründung: «Die schweren und grossen SUV sind die zweitgrössten Verursacher des Anstiegs der CO2-Emissionen seit 2010 und platzieren sich so hinter dem Energiesektor, aber noch vor der Schwerindustrie und der Luftfahrt.»

«Auch wir sähen Zürich lieber frei von SUVs.»

Markus Knauss von den Stadtzürcher Grünen

In den rot-grün dominierten Städten Basel, Zürich und Bern gibt es bereits etliche Vorstösse, welche die SUVs eindämmen möchten. So hat in Basel der Grosse Rat erst vor zwei Wochen einen Vorstoss der Grünen überwiesen. Demnach sollen die Steuern auf SUVs deutlich erhöht werden. Markus Knauss von den Stadtzürcher Grünen zeigt sich gegenüber 20 Minuten erfreut über das Verdikt der Pariserinnen und Pariser: «Auch wir sähen Zürich lieber frei von SUVs». Da die Stadt nicht die Kompetenz habe, SUVs zu verbieten, versuche man, die Gebühren für die Blauen Zonen nach Gewicht abzustufen. Bern hat letztes Jahr die Parkplätze verteuert, allerdings ohne Ausnahmeregelung für SUVs.

Widerstand gegen Einschränkungen

Etablierte Fahrzeugtypen wie SUVs wieder einzuschränken, sei für die Politik sehr schwierig, ist Jochen Markard, Forscher für nachhaltige Energiesysteme an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW), überzeugt. Entsprechend gross sei der Widerstand gegen Einschränkungen bei SUVs bei Besitzerinnen und Besitzern, sagte er unlängst gegenüber SRF. Die Politik habe mit Steuern, Energieverbrauchslabeln und beim Parkplatz-Management einige Einflussmöglichkeiten: «Wichtiger wäre es gemäss unserer Studie allerdings, einzugreifen, bevor ein Produkt die breite Masse erreicht hat.»

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